Ich interessiere mich für Old-School-Spiele, auch für die Neuerscheinungen, die das alte Spielgefühl mit überarbeiteten Regeln aufleben lassen wollen.
Ich nehme mir den Klassiker vor: Old School Essentials (OSE), genauer OSE Classic Fantasy. Das Spiel ist ein Remake der alten D&D B/X Regeln und besticht vor allem durch hochwertige Produktion, klare Darstellung der Regeln und ein sehr aufgeräumtes Layout. Damit macht es die alten Regeln sehr gut verfügbar und für den Spieltisch nutzbar.
Demgegenüber möchte ich Beyond the Wall (BtW) stellen. Das mag alten Hasen ein wenig seltsam erscheinen. Ich mache das, weil beide Systeme den gleichen Regelkern nutzen, gut unterstützt werden und es gutes Material gibt. Beyond the Wall ist auch auf Deutsch erhältlich und bietet ähnlich wie OSE viel Material, das man ohne viel Vorbereitung spielen kann. Und ohne viel vorgreifen zu wollen: BtW ändert genau die Dinge an D&D B/X, die mich schon immer “verwundert” haben.
Aber ich fange wohl einfach mal an und sehe, wohin uns das führt.
Grundlagen
Zunächst: Die Grundlage beider Spiele ist, wie gesagt, D&D B/X. Es gibt die klassischen Attribute: Stärke, Geschicklichkeit, Konstitution, Intelligenz, Weisheit, und Charisma. Die Attribute werden für Proben genutzt (unterwürfelt). Auf die Attribute gibt es Boni, die in unterschiedlichen Situationen Vorteile bringen. Es gibt Klassen, Gesinnung, Trefferpunkte, Rüstungsklasse, Erfahrungspunkte und Stufen. Es gibt sogar in beiden Spielen Erfahrungspunkte für Schätze.
Im Detail verwendet BtW mal die optionalen Regeln von OSE, mal werden kleine Änderungen vorgenommen (siehe Initiative), grundsätzlich sind die Regeln in vielen Punkten aber erstaunlich nah beieinander. Auf die größeren Unterschiede gehe ich dann im Text etwas genauer ein.
Attribute
Die wichtigsten Werte im Spiel. Immer, wenn der Charakter aktiv etwas tut, das mit einer Gefahr verbunden ist, wird eine Probe auf ein passendes Attribut fällig. Dabei muss mit einem W20 unter oder gleich dem Wert gewürfelt werden. Die Schwierigkeit wird dabei durch Modifikatoren an die Situation angepasst. Das wird in beiden Spielen gleich gehandhabt.
In beiden Spielen gibt es Regeln zum Auswürfen der Attribute, auch wenn BtW bei der Erstellung von Charakteren eigentlich einen ganz anderen Weg geht, wie wir noch sehen werden. Es gibt aber in beiden Spielen keine Methode zum Verteilen von Punkten. Das ist gleich ein Hinweis darauf, dass Balancing oder das geplante Erstellen der eigenen Figur in den alten Regeln eine untergeordnete Rolle spielt. Der Zufall dient als Anregung.
Bei OSE wird mit 3W6 gewürfelt und der Reihe nach verteilt. Kein Schnickschnack, keine Gnade. Nur das primäre Attribut der angestrebten Klasse kann nachträglich erhöht werden, dafür musst du ein beliebiges anderes Attribut aber um zwei Punkte senken. Es gibt noch einen Hinweis, dass die Spielleitung bei sehr schlechten Werten ein Auge zudrücken darf und der Charakter neu gewürfelt wird.
Im Gegensatz dazu würfelst du bei BtW gleich mit 4W6, streichst den niedrigsten und notierst den Wert. Die so entstandenen Attributwerte werden dann frei verteilt. Im Schnitt werden da also eher etwas fähigere Charaktere rauskommen. Ich wette, eine der häufigsten Hausregeln bei OSE und mittlerweile ja auch Standard in der aktuellen 5E.
Attributsbonus
Aus den Attributen werden nun Boni berechnet. Von -3 bis +3. Dabei sind die Boni in beiden Spielen übrigens komplett identisch, BtW gibt nur auch Werte für Attribute ab 1 und bis 19 an. Das ist bei OSE nicht der Fall.
Diese Boni sind dann für unterschiedliche Vorteile im Spiel interessant. So wird der Geschicklichkeitsbonus z. B. auf den Rüstungsschutz angerechnet, der Weisheitsbonus auf Rettungswürfe (dazu später mehr) gegen Zauber etc. Auch diese Regeln sind weitestgehend gleich, bei OSE gibt es allerdings noch ein paar Sonderregeln, zum Öffnen von Türen in dungeons beispielsweise, die fallen bei BtW komplett weg. Es wird alles über Attributsproben geregelt. Außerdem gibt es bei OSE ein Primärattribut für jede Klasse. Ein bestimmter Wert in diesem Attribut ist nicht nur die Voraussetzung zur Wahl einzelner Klassen, es beeinflusst in OSE auch die Summe der Erfahrungspunkte, die du bekommst. Auch diese Regel fällt bei BtW ersatzlos weg.
Damit sind die grundlegenden Werte von Charakteren komplett kompatibel. Da müssen wir nichts anpassen oder ändern. Auf Stufe 1 wirst du bei BtW im Schnitt etwas kompetenter sein als bei OSE, das schadet aber sicher auch nicht, wenn du die zweite Stufe lebend erreichen möchtest.
Rettungswürfe
Wo wir beim Thema Rettungswürfe waren: Die sind immer dann fällig, wenn du einer Gefahr entgehen möchtest. Einer Falle, dem Odem-Angriff eines Drachen oder einem heimtückischen Zauber z.B. Hier reagiert der Charakter also. Dabei muss mit einem W20 ein Wert gleich oder über dem eigenen Wert erzielt werden. Bei aktiven Proben, wie dem Knacken eines Türschlosses, wird also ein Attribut getestet und niedrig ist gut. Bei einer Reaktion wird ein Rettungswurf fällig und möglichst hoch ist gut.
Die Regel funktioniert in beiden Spielen gleich. Die Rettungswürfe unterscheiden sich in den Spielen allerdings ein wenig, vor allem in den Wahrscheinlichkeiten.
OSE kennt Rettungswürfe gegen: Tod/Gift, Zauberstäbe, Erstarren/Versteinerung, Odem-Angriffe und Zaubersprüche. BtW kennt ebenfalls Würfe gegen Gift, Odem und Zauber, erweitert die Versteinerung aber auf Verwandlung im Allgemeinen und die Zauberstäbe auf magische Gegenstände. Ähnlich genug, um einfach zu konvertieren, aber nicht identisch.
In beiden Systemen ist die Wahrscheinlichkeit, einen Rettungswurf zu bestehen, von der Klasse und der Stufe abhängig. Für jede Klasse gibt es eine Tabelle, in der die Werte der Rettungswürfe abhängig von der Stufe angegeben werden. Wie wir bei den Klassen noch sehen werden, gibt es da bei OSE sehr unterschiedliche Tabellen, was in der “Advanced” Version des Spiels noch erweitert wird.
Vergleicht man nun beispielsweise die Tabelle des Kämpfers, so stellt man fest, dass die Chancen auf der ersten Stufe bei OSE deutlich günstiger ausfallen, als bei BtW. Beim Magier sind die Chancen teilweise besser, teilweise schlechter. Auch die Veränderung mit den Stufen ist teilweise sehr unterschiedlich. Da konnte ich kein System erkennen. Der Unterschied kann bis zu 3 Punkte auf dem W20 und damit bis zu 15% Chance betragen. Das solltest du also im Auge behalten, wenn es Dir um alte Abenteuer geht. In alten Dungeons kann ein verpatzter Rettungswurf ja durchaus über Leben und Tod entscheiden.
Warum man sich bei BtW für schwerere Rettungswürfe entschieden hat, kann ich nicht genau sagen. Grundsätzlich sind Charaktere in BtW eher etwas robuster (siehe Trefferpunkte). Vielleicht wollte man damit einen Ausgleich schaffen. Bei einem Wurf gegen Gift bringen mehr Trefferpunkte aber in der Regel nichts.
Meine Empfehlung zur Konvertierung von Rettungswürfen: Gewähre einen Bonus von +2 auf Rettungswürfe. Das ist dann nicht immer 100% vergleichbar, aber Rettungswürfe sind bei vielen Spielenden eh sehr unbeliebt, da schadet eine etwas höhere Überlebenschance sicher nicht.
Gesinnung
Die Gesinnung spielt bei D&D ja oft eine Rolle. Nicht nur bei sozialen Interaktionen der Charaktere, auch bei magischen Gegenständen, Fallen, Zaubern etc.
Ich mache es kurz: Die Regeln sind identisch. Es gibt: rechtschaffen, neutral und chaotisch, also eine einfachere Dreiteilung als sie in neueren Editionen üblich ist. Bei BtW wird allerdings hervorgehoben, dass chaotische Charaktere nicht zwingend böse sein müssen. Das ist bei OSE etwas mehr schwarz und weiß. Dazu kommt, dass es bei OSE noch eine “Gesinnungssprache” gibt, die fällt bei BtW weg.
Klassen
Kommen wir zum entscheidenden Unterschied zwischen OSE und BtW. In BtW gibt es drei Klassen: Kämpfer, Schurken und Magier. Diese können durch Spielbücher (siehe unten) einen sehr unterschiedliche Ausprägung bekommen und es gibt Regeln für gemischte Klassen, also z.B. den Krieger-Magier. Das ist es auch schon.
Bei OSE kommt in den Classic Regeln noch der Kleriker und die heute als Rassen bekannten Elfen, Zwerge und Halblinge dazu.
Rassen spielen bei BtW die gleiche Rolle, wie wir sie aus späteren Editionen kennen. Sie sind also keine eigene Klasse, sondern gewähren besondere Werte und Fähigkeiten, wie die Dunkelsicht oder Modifikatoren auf Attribute oder Trefferpunkte. Es kann also theoretisch auch zwergische Magier geben. Rassen sind bei BtW allerdings optionale Regeln. Elfen haben in dem Spiel auch mehr mit Feen gemein als mit den Elfen im tolkinschen Sinne.
Das beseitigt gleich mehrere Probleme, die in alten D&D Editionen immer wieder diskutiert wurden. Beispiele gefällig: Weniger Klassenfertigkeiten mit Sonderregeln, weniger Klassentabellen mit unterschiedlichem Stufenaufstieg, keine Diskussionen mehr über Elfen mit dunkelsicht.
BtW führt mit den Spielbüchern die zentrale Neuerung ein, der ich ein eigenes Kapitel widme. Die Klassen werden damit durch etwas Neues ersetzt. Und davon gibt es mittlerweile reichlich.
Trefferwürfel
Jede Klasse verfügt über einen Trefferwürfel, mit dem die Trefferpunkte je Stufe ermittelt werden. Das kann von einem W4 bis zu einem W12 reichen. Bei OSE Classic ist schon bei einem W8 (Kämpfer und Zwerg) Schluss. Magier und Diebe müssen mit einem W4 überleben. Das wurde bei BtW deutlich zugunsten der Charaktere angepasst: Magier bekommen einen W6, Schurken einen W8 und Kämpfer sogar einen W10. In beiden Systemen erhält der Charakter zusätzlich noch seinen Konstitutionsmodifikator als Bonus je Stufe dazu.
Ganz nebenbei: Bei OSE werden auch die Trefferpunkte der ersten Stufe ausgewürfelt. Es kann also passieren, dass ein Charakter mit einem Trefferpunkt startet. Bei BtW gibt es, wie bei neueren Editionen von D&D auch, den Maximalwert des Würfels zuzüglich dem Kontitutionsbonus. Ein Krieger startet also mit 10+KON in sein erstes Abenteuer.
Klassenfertigkeiten
Bei OSE werden Klassen immer mit speziellen Fähigkeiten verbunden. Darunter beispielsweise: Fallen finden, an Türen horchen, verborgene Türen entdecken etc. Die Chancen dafür steigen mit der Stufe an.
Diese Fertigkeiten sind es, was den Charakter einer Klasse von dem einer anderen abhebt. Sie führen dazu, dass der Charakter in bestimmten Situationen besonders wichtig ist und im Scheinwerferlicht steht. Klar also, dass die Klassen bei OSE einen großen Reiz ausüben.
Auch bei BtW gibt es noch Klassenfähigkeiten, die keine andere Klasse hat: Beim Magier ist es natürlich die Magie, beim Krieger besondere Vorteile im Kampf und beim Schurken mehr Fertigkeiten und mehr Glück. Aber eines möchte ich gleich betonen. Freunde von Schurken müssen da ganz stark sein: Es gibt nicht automatisch einen hinterhältigen Angriff! Ja, ich weiß, hier hören einige einfach auf zu lesen.
Mir persönlich war nie klar, warum die meisten Klassen-Fähigkeiten in OSE nicht einfach über Attributsproben geregelt wurden, wie alles andere auch. Ich verstehe das, wenn es um die Aufteilung der Rollen im Spiel geht. Von einem gamistischen Standpunkt aus betrachtet ergibt das also durchaus Sinn. Es widerspricht aber total der Anschauung, finde ich. Genau den Weg geht nun BtW.
Fertigkeiten sind bei BtW sehr flexibel und geben immer einen Bonus von +2 auf eine Attributsprobe. Wähle ich eine Fertigkeit doppelt, bekomme ich sogar einen Bonus von +4. Damit kann theoretisch jede Klasse alles lernen. Und da kommen wir dann wieder zu den Spielbüchern.
Spielbücher?
Ich habe sie nun schon mehrfach erwähnt, es wird Zeit sich genauer mit ihnen zu beschäftigen: Beyond the Wall führt Spielbücher als bevorzugte Charaktererschaffung ein. Mich persönlich begeistert diese Idee. Die Spielbücher sind der Hauptgrund, warum ich mich mit dem Spiel näher auseinandersetze.
Unter Spielbüchern versteht BtW eine Kombination aus Zufallstabellen, die es Dir ermöglichen, deinen Charakter auszuwürfeln. Sie sind eine Kombination aus Lebensereignissen, Hintergrundinformationen, Orten und Kontakten. Die gewürfelten Ereignisse beeinflussen einerseits deine Attribute, Fähigkeiten und Ausrüstung. Es entstehen dabei gleichzeitig Euer Heimatdorf oder eine ganze Kampagne und viele Verbindungen innerhalb der Gruppe. Trotz der wenigen Klassen entstehen so sehr unterschiedliche und einzigartige Charaktere. Das Element des Zufalls bleibt erhalten, Fertigkeiten und die damit verbundene gamistische Rolle werden weiterhin gezielt verteilt und die Spielenden können gezielt Einfluss auf das Setting nehmen. Ich liebe es.
Jedes Spielbuch ist einer der drei Klassen oder einer Mischung aus zweien zugeordnet. Daraus ergeben sich dann die Rettungswürfe, der Stufenaufstieg und z.B. die Zauber der magiebegabten Spielbücher. Als Spielleitung kannst du auch eigene Spielbücher erstellen und sie so deiner Kampagne anpassen.
Ein weiterer Vorteil für heutige Spielgewohnheiten: Die Charaktere sind alle vergleichbar kompetent. In vielen Abenteuerbänden werden dann zusätzlich neue Spielbücher eingeführt.
dein Charakter wird in BtW also komplett anders entstehen, auch wenn es Regeln für die sehr klassische Charaktererschaffung gibt, wenn du das willst. Wie wir später noch sehen werden, interagiert der Charakter dann auch etwas anders mit der Welt, Stichwort weniger Klassenfertigkeiten. Dennoch sind die Regeln so ähnlich, dass alte Abenteuern auch mit den so entstandenen Regeln problemlos gespielt werden können.
Kampf
Der Kampf läuft in beiden Systemen gleich ab. Überraschung, Initiative, Wurf + Boni gegen Rüstungsklasse und Schaden. BtW nutzt oft die optionalen Regeln von OSE und damit die Regeln, die sich in späteren Editionen von D&D durchgesetzt haben: Etwa die individuelle Initiative oder Waffenschaden.
Initiative
Bei OSE wird mit einem W6 gewürfelt. Wird die (optionale) individuelle Initiative je Charakter genutzt, kommt noch der Geschicklichkeitsbonus dazu. Bei BtW wird das durch eine statische Initiativereihenfolge ersetzt. Der Wert entspricht der Stufe + GES und ein kleiner Bonus für einige Klassen. Dadurch entsteht eine feste Reihenfolge, in die sich die Gegner einreihen. Nimmt etwas das Überraschungsmoment raus, beschleunigt aber den Kampf und schafft ein taktisches Element.
Angriffswurf
Grundsätzlich wird der Angriffswurf gleich durchgeführt. W20 + STR/GES + Vorteile oder Nachteile. BtW führt dazu noch den Grundangriffsbonus und Waffenspezialisierungen ein, beides habe ich bei OSE Classic nicht gefunden.
Der Grundangriffsbonus ist von der Klasse abhängig und wurde in die Klassentabelle aufgenommen.
Waffenspezialisierungen bringen +1 auf den Angriff und +2 Schaden, sind aber nicht auf die Klasse beschränkt. Der Krieger bekommt nur eine Spezialisierung gleich mit der ersten Stufe.
Ein Wurf größer oder gleich der gegnerischen Rüstungsklasse gilt als Treffer. In dem Fall wird der Schaden ausgewürfelt. Auch hier nutzt BtW in OSE optionalen Waffenschaden. Die Waffen werden in Gruppen eingeteilt von W4 bis W10 zzgl. Stärkebonus für Nahkampfwaffen.
Wann bin ich tot?
Bei OSE bist du tot, wenn deine Trefferpunkte auf 0 sinken. Fertig. Ich erinnere nochmals daran: Einige Charaktere starten im ungünstigsten Fall mit einem Trefferpunkt.
Ganz so tödlich ist BtW mal wieder nicht. Hier haben deine Kameraden ein paar Runden Zeit dich zu stabilisieren und deinen bewusstlosen Körper in Sicherheit zu bringen. Dennoch sind Charaktere auf niedrigen Stufen sehr verletzlich. Kampf ist auch in BtW eigentlich nicht das Mittel der Wahl. Selbst ein Kämpfer startet in den meisten Fällen mit 10-12 Trefferpunkten, ein Langschwert macht 1W8 + STR Schaden. Da könnt ihr euch ausmalen, wie das ausgeht.
Auch hier wäre mein Fazit: Vergleichbar genug, aber nicht identisch. Auch hier etwas zugunsten der Charaktere und näher an heutigen Spielgewohnheiten. Für mich aber noch nah genug am OSR-Gefühl.
Magie
Ist der Kampf in beiden Systemen noch sehr ähnlich, gehen die Regeln für Magie doch erheblich auseinander. Gemeinsam haben beide Systeme eigentlich nur, dass es sich um Spruchmagie handelt, Magier nach und nach Sprüche lernen und die Zahl der wirkbaren Sprüche von der Stufe abhängt.
Während Magier bei OSE auf geringen Stufen ercht leiden müssen, dafür auf hohen Stufen aber sehr schnell an Macht gewinnen, beginnen sie bei BtW etwas kompetenter, dafür wurden sie auf höheren Stufen ihrer mächtigsten Waffen beraubt. Aber schauen wir uns das gemeinsam an.
Zaubersprüche
Old School Essentials unterscheidet noch nicht zwischen Zaubersprüchen und Zaubertricks, wie das in der aktuellen 5E der Fall ist. Die Zaubersprüche unterscheiden sich allerdings in ihrer Mächtigkeit durch eine Stufe. Außerdem unterscheidet OSE zwischen arkaner und göttlicher Magie, also den Sprüchen für Magier und Klerikern. Der Zauberkundige kann immer nur Sprüche bis zu seiner Stufe lernen und anwenden.
Dagegen unterscheidet Beyond the Wall zwischen Zaubertricks, Zaubersprüchen und Ritualen. Nur Rituale haben eine Stufe und sind damit durch die Stufe des Magiebegabten beschränkt. Im Gegensatz zu Zaubersprüchen sind Rituale mächtiger, benötigen aber auch viel Zeit und Komponenten.
Unterschiedliche Arten von Magie kennt BtW nicht, wohl aber unterscheiden sich die Sprüche und Rituale darin, ob ein Intelligenz- oder ein Weisheitswurf fällig wird. Dazu mehr weiter unten.
Kenntnis von Zaubern
Magiekundige der ersten Stufen sind bei OSE stark eingeschränkt. Sie verfügen über eine Liste von Zaubern, die in ihrer Klassentabelle festgelegt ist. Bis zur 6. Stufe entspricht das genau ihrer Stufe. Dazu muss der Zauberkundig sein Zauberbuch immer bei sich tragen, um die Sprüche täglich vorbereiten zu können.
Bei BtW beginnt der Magiekundige mit zwei Zaubersprüchen, zwei Zaubertricks und einem Ritual. Hier setzt sich also die Tendenz des Spiels weiter fort, den Charakteren das Leben auf geringerer Stufe etwas einfacher zu machen.
Wirken von Zaubern
Wie bei allen (mir bekannten) Editionen von D&D muss der Magiekundige sich Zaubersprüche einmal am Tag während einer Rast einprägen. Hat er sie gewirkt, werden sie aus dem Geist gelöscht und müssen neu eingeprägt werden. Dazu ist das Zauberbuch nötig. Der Zauberkundige kann sich bei OSE den Spruch selbst und auch sein Gegenteil einprägen, auch mehrfach, wenn er über die entsprechende Stufe verfügt. Er könnte also zwei mal leichte Wunden heilen und zwei mal leichte Wunden erzeugen, wenn er die entsprechende Zahl an Zaubern beherrschen würde.
Beyond the Wall kennt das alles nicht. Hier kann ein magiebegabter Charakter eine beliebige Kombination aus der Liste der ihm bekannten Sprüchen sprechen. Die Zahl der Sprüche, die er pro Tag wirken kann, entspricht seiner Stufe. Das Zauberbuch braucht er nicht ständig bei sich zu tragen und die Zahl der bekannten Sprüche ist von Beginn an höher, die Zahl der erlernbaren Sprüche dazu noch unbegrenzt. Findet der Magier also z.B. einen Spruchrolle mit einem ihm unbekannten Spruch, kann er den Spruch problemlos lernen, ausreichend Zeit vorausgesetzt.
Einige Einschränkungen gibt es bei BtW dann aber doch noch: Im Gegensatz zu OSE sind bei BtW für Zaubertricks und Rituale immer Attributswürfe auf Intelligenz oder Weisheit (je nach Trick oder Ritual) fällig. Misslingt der Wurf, passieren schlimme Dinge. Bei Zaubertricks verliert der Magier mindestens seine Kraft für den Rest des Tages, der Zauber kann sich aber auch gegen die eigene Gruppe richten. Je nach Situation und Entscheidung des Spielleiters. Rituale wirken auf jeden Fall, bei einer misslungenen Probe aber mit sehr unvorhersehbaren Folgen.
Das macht Magie bei BtW gefährlich und unberechenbar, was durchaus gewollt ist. Magiebegabte Charaktere sind bei niedriger Stufe also durchaus kompetenter als bei OSE, müssen sich aber genau überlegen, ob Sie diese Macht auch einsetzen wollen.
Unterschiede in den Zaubern
Es ist natürlich unmöglich, hunderte Zauber durchzugehen und zu vergleichen. Ich kann aber bestätigen, dass du bekannte Sprüche auch in BtW wiederfinden wirst. Das Magische Geschoss, Licht, Spinnenklettern und falscher Freund beispielsweise. Aber wieder müssen einige von Euch jetzt stark sein: Den Feuerball wirst Du in der Liste der Zaubersprüche vermissen. Ich weiß, auch hier verliere ich wieder einige Leser.
Einige bekannte Zauber wurden bei BtW zu Ritualen. Darunter z.B. Gestalt verändern, Heilung, unsichtbarer Diener und - tadaaa - auch der Feuerball. Als Ritual der 6. Stufe (und damit 6 Stunden Vorbereitungszeit) und einigen wilden Zauberkomponenten eignet sich das Ritual aber nur für epische Szenen gegen Endgegner und nicht für den schnellen Angriff im Dungeon um die Ecke.
Beyond the Wall will ganz klar low Fantasy sein und auch in mittleren Stufen bleiben. Magie wird flexibler, unberechenbarer und einige der mächtigsten Kracher wurden deutlich entschärft.
Weitere Regeln im Spiel
Außerhalb der klassischen Konflikte hat ein Rollenspiel ja bekanntlich noch mehr zu bieten. Erkundung und soziale Interaktion beispielsweise. Wie sieht es denn damit aus?
Bei OSE merkt man den Regeln an, dass sie für den Dungeoncrawl und die Reisen zwischen den Dungeons geschrieben wurden. Die meisten Regeln drehen sich um Ressourcen und typische Situationen im Dungeon. Öffnen klemmender Türen, lauschen an Türen, das Auffinden von Fallen etc. Dabei kommen die Klassenfähigkeiten ins Spiel. Wie bereits erwähnt, wird das bei BtW alles über Attributsproben und die Fähigkeiten (Bonus von +2) abgehandelt.
Während OSE sehr viel Wert auf Zeiteinheiten (Runden) legt und darüber den Verbrauch von Ressourcen und Zufallsbegegnungen regelt, spielt das bei BtW eine deutlich geringere Rolle. Es wird zwar auch hier auf Lichtquellen, Verpflegung etc. eingegangen, spezielle Regeln gibt es dafür aber nicht.
Was die soziale Interaktion betrifft, gibt es Regeln für die Reaktion von Monstern und Nichtspielercharakteren, also ob sie anfangs freundlich oder feindlich gesinnt sind.
Beyond the Wall führt dazu noch viele Elemente ein, die sich mit dem Feenreich und einer mystischen Welt hinter dem Schleier beschäftigen. Während einiges dabei eher Fluff ist, gibt es doch einzelne sehr mächtige Regelelemente. Beispielsweise die Wirkung des wahren Namens einer Kreatur. Kenntnis dieses Namens bringt immerhin einen Bonus von bis zu +5 in einigen Proben.
Fazit
Beide Spiele haben ihren Reiz. OSE ist auf niedrigen Stufen einfach knallhart und verzeiht keine Fehler. Damit fordert es besonders den Spieler heraus und zwingt zu kreativen Lösungen. Klassen mit ihren besonderen Fertigkeiten, Zeit und Ressourcen sind unheimlich wichtig. Die Regeln konzentrieren sich auf Dungeons. Das Spiel hat damit etwas sehr taktisches und gamistisches und erinnert mich oft an ein Brettspiel. Das macht manchmal einfach Spaß. Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich aber viele Regeln in OSE schon immer weggelassen und einfach durch Attributsproben ersetzt. Ich mag die Einfachheit des Systems, bin aber eigentlich nicht der gamistische Spielertyp.
Beyond the Wall erhöht die Chancen für junge Charaktere deutlich. Nicht zuletzt, weil Ton und Setting des Spiels genau auf die unteren Stufen ausgerichtet sind. Die Entstehung des eigenen Dorfes (oder gar einer ganzen Sandbox) mit den Charakteren ist das Zentrum des Spiels. Damit rückt der Fokus stärker vom Dungeon weg. Die Beziehungen des Charakters spielen eine wichtige Rolle. Das Setting hat etwas mystisches und märchenhaftes.
Durch den Kniff, die Klassen radikal zu reduzieren und sich auf Spielbücher und flexible Fertigkeiten zu konzentrieren, wird das Spiel deutlich zugänglicher und schlanker.
Ich mag auch die Änderungen in den Magieregeln, allerdings stellen genau diese Änderungen das größte Problem in der Konvertierung alter Abenteuer dar. Ein Magier der 5. Stufe ohne Feuerball ist in D&D irgendwie schwer vorstellbar. Hier muss die Spielleitung sicher genauer hinschauen. Ansonsten entstehen die Charaktere in BtW anders, spielen sich aber genau wie in OSE. Regeln und Werte sind ähnlich genug, um Abenteuer ohne große Änderungen übernehmen zu können. Monster und Schauplätze könnt ihr einfach kopieren. Ab der 5. Stufe heißt es dann: Augen auf bei den Herausforderungen. Magiebegabte Gegner und große Gruppen in engen Räumen würde ich meiden. Ansonsten könnt ihr natürlich die Vorbereitungszeit und die Komponenten einfach weglassen, dann hat der Magier den Feuerball ab der 6. Stufe und fertig.
Wie angemerkt, würde ich vielleicht noch einen Bonus von +2 auf Rettungswürfe geben. Vor allem, wenn es um tödliche Gefahren geht.